Pionier auf Kurs

Das Pop-up-Dorf Puurpuur in Zug ist angetreten, um ein Paradebeispiel für nachhaltige Gastronomie zu werden. Eine Zwischenbilanz stimmt die Küchenchefin zufrieden, zeigt aber auch, dass gut Ding Weile haben will.
Text: Virginia Nolan – Fotos: z. V. g.
Veröffentlicht: 18.10.2018
Bis Ende 2019 wird das Pop-up-Dorf Puurpuur die 13000 Quadratmeter am südlichen Ende des Güterbahnhofs Zug bespielen.

«Wir machen keine Kompromisse. Auch wenn das bedeutet, dass ich das Mittagsmenü umschreiben muss.»

Die Erwartungen waren hoch, als das Pop-up-Dorf Puurpuur im Juni beim Güterbahnhof in Zug seinen Betrieb aufnahm. Bis zum Januar 2019 sollte das Gastro-Projekt die 13000 Quadratmeter am südlichen Ende des Areals bespielen dürfen. Seinen Machern, einem Zusammenschluss aus Bauern, Gastro-, Betriebswirtschafts- und IT-Experten, schwebte Grosses vor. «Wir werden zum Koch-Kanton Zug und setzen mit einer nachhaltigen, gesunden Stadt und ihrer Bevölkerung ein Zeichen für die ganze Schweiz», stand etwa im Konzept. Das Puurpuur will ein Paradebeispiel für nachhaltigen Genuss sein: Produziert wird ökologisch und regional, auf dem Teller landet, was die Ernte der involvierten Bauern hergibt. Wo immer möglich, wird auf Bio-Qualität gesetzt. Eine IT-Plattform, welche die Wertschöpfungskette vom Produzenten bis zum Gast abbildet, soll Foodwaste auf ein Minimum reduzieren. So erhalten Gäste, die ihr Essen via App vorbestellen, Rabatt auf ebendieses. Mit dem Sterne-Koch André Jaeger und dem von Gault & Millau unlängst zur Entdeckung des Jahres 2019 gekürten Pascal Steffen, die dem Projekt konzeptuell auf die Beine halfen und heute als Stakeholder fungieren, hat das Puurpuur prominente Unterstützung. Entsprechend ambitioniert gab sich Mitinitiant Stephan Würth vor der Premiere in Sachen Zahlen: Man rechne mit 400 bis 600 Gästen über Mittag und weiteren 200 für Apéro oder Abendessen.

«So weit sind wir noch nicht», sagt Küchenchefin Jessica Thiehatten nach etwas mehr als drei Monaten Betrieb zum aktuellen Stand der Dinge. Bis jetzt sei man bei 200 Mittag- und rund 40 Abendessen. «Aber wir sind zufrieden, es zieht an, das merken wir vor allem auch abends. Zug ist eben nicht Zürich oder Winterthur, hier dauert es halt etwas länger, bis einen die Leute entdeckt haben.» Laufkundschaft falle durch die nicht eben zentrale und etwas versteckte Lage am südlichen Ende des Güterbahnhofs weg, «man muss wissen, wo wir sind». Demnächst jedoch werde das Puurpuur während sechs Wochen einen Take-away-Stand direkt am Bahnhof bespielen und so noch stärker auf sich aufmerksam machen können.

«Wir pflegen hier eine Art des Kochens, die zunehmend verloren gegangen, für mich aber das Selbstverständlichste überhaupt ist», sagt Jessica Thiehatten, Küchenchefin im Pop-up-Dorf Puurpuur.

Was die Philosophie hinter dem Projekt angeht, weicht die Realität derweil kein Stück vom Konzept ab. «Da machen wir keine Kompromisse», sagt Thiehatten bestimmt, «auch wenn das bedeutet, dass ich manchmal spontan das Mittagsmenü umschreiben muss, weil sich die Arbeit auf dem Feld nicht immer genau voraussagen lässt.» Diese enge Zusammenarbeit mit den Produzenten, sagt die Küchenchefin, mache für sie den Reiz ihrer Arbeit aus: «Wir pflegen hier eine Art des Kochens, die zunehmend verloren gegangen, für mich aber das Selbstverständlichste überhaupt ist.»

Wünschenswert wäre, so die Küchenchefin, dass noch mehr Gäste von der App Gebrauch machen würden – bisher seien es nur etwa 30 Prozent. «Die App ist eine grosse Hilfe für die Küchenplanung», sagt Thiehatten, «und sie lohnt sich auch für den Gast: Wer früh genug bestellt, bekommt für gerade einmal 15 Franken ein vollwertiges Fleischmenü.» Zeit, im Pop-up-Dorf zu verweilen, bleibt glücklicherweise noch genug: Die SBB hat den Initianten mittlerweile zugesichert, dass sie den Betrieb bis Ende 2019 fortführen können.

Mehr Informationen zum Pop-up-Dorf Puurpuur, seiner Philosophie und den Events gibts hier.



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