Weit (rum-)gekommen

Seine Sporen verdiente sich Ralph Schelling in einigen der weltbesten Restaurants ab, bevor er den Sprung in die Selbstständigkeit wagte. Heute brilliert er an vielen Fronten.
Text: Sarah Kohler – Fotos: Jürg Waldmeier
Veröffentlicht: 23.06.2020 | Aus: Salz & Pfeffer 3_4/2020
Ralphs Gletschernüsse

«Ich hatte immer wieder Glück. Aber nicht nur.»

Dass Ralph Schelling viel reist, wird rasch klar: Beim Vorbereiten seines Gepäcks war augenscheinlich ein Routinier am Werk. Ordentlich in Kisten gestapelt, bringt der gebürtige Ostschweizer allerlei Zutaten zum Termin im Zürcher Showroom der Küchenherstellerin Orea mit. Der Markenbotschafter zeigt an diesem Tag in drei Gerichten, was er kann.

Ein Blick in den Werdegang des bislang jüngsten Gewinners des Swiss Culinary Cup verrät, dass das eine Menge ist. Nach der Ausbildung bei Horst Petermann verdiente Schelling seine Sporen bei weiteren Meistern des Fachs ab: unter anderem Ferran Adrià, Heston Blumenthal, Andreas Caminada und Seiji Yamamoto. 2014 machte er sich selbstständig, wollte seinen Unterhalt fortan mit Caterings und als Private Chef bestreiten. «Ich war recht blauäugig», erzählt Schelling heute. «Natürlich hatte keiner auf mich gewartet.»

Die Kehrtwende kam vor etwa fünf Jahren, als Schelling für eine russische Oligarchenfamilie kochte. Die illustre Gästeschar, die sein Essen damals kennen lernte, verhalf ihm zu neuen Aufträgen. So läufts nach wie vor: Schellings Ruf eilt ihm voraus, bringt ihm Jobs rund um den Globus ein und beschert ihm nicht zuletzt Einblick in die privaten Küchen von Stars wie Paris Hilton, Stella McCartney oder Steve Wozniak. «Ich hatte immer wieder Glück», sagt der ehrgeizige Koch, «aber nicht nur.»

Ob Catering oder Consulting, Kurs, Kolumne oder Kulinarikreise: Schelling beweist seinen Horizont inzwischen an vielen Fronten, lancierte Ende 2018 gar ein eigenes Magazin. Womit er aktuell beschäftigt ist, erfahren seine Fans auf Instagram. «Am liebsten arbeite ich dabei stets mit lokalen Produkten», sagt Schelling, «weil, was frisch ist, am besten schmeckt.» Gleichzeitig trägt er kulinarische Entdeckungen heim, um sie ortsunabhängig in seine Gerichte einzubauen. «Die beste Sojasauce Japans ist doch überall grossartig», so sein Argument.

Reisen und Abenteuer scheinen Schelling so bald nicht zu verleiden. «Ich mag die Abwechslung», schwärmt er – ohne zu verhehlen: «Je länger, desto mehr bin ich am liebsten zu Hause.» In Zürich lebt der Berufsnomade bescheiden und bodenständig. «Ich habs gern klein und einfach», sagt er. Denn auch das hat er bei seinen bisweilen luxuriösen Gastspielen gelernt: «Nur weil eine Küche gross ist, kann man darin nicht besser kochen.»

Ralph Schelling Culinary Network
ralphschelling.com

Gemüsebällchen mit Kefir-Kräutercrème
Brioche-pain perdu mit eingemachten Zuger Sauerkirschen

Ralphs Gletschernüsse

Zubereitung

1,5 dl Gletscherwasser | 0,5 g Kaltsaftbinder | 150 g Püree aus frischen Schweizer Baumnüssen | 90 g kaltgepresstes Baumnussöl | 250 g Baumzucker der Manna-Esche

Ausserdem: Silikonform «Nussschale» respektive «geschälte Nüsse» | Spritze oder Spritzsack | feine Nadel | fein gemahlenes Bergsalz

Das Wasser mit dem Kaltsaftbinder in einen Massbecher geben und mit einem Stabmixer binden. Frisches Baumnusspürree dazugeben und wie bei der Herstellung einer Mayonnaise das Baumnussöl in dünnem Faden mit dem Stabmixer einarbeiten. Anschliessend die Masse mit Hilfe einer Spritze oder eines Spritzsacks in die Baumnuss-Silikonformen abfüllen und mindestens 10 Stunden einfrieren.

Den Baumzucker in einer kleinen Pfanne wie Zucker schmelzen (Achtung, Verbrennungsgefahr, der Zucker karamellisiert dabei jedoch nicht!). Je eine «Nuss» auf eine Nadel stecken und zweimal hintereinander kurz in den Baumzucker eintauchen. Erst nach einer halben Minute vom Spiess ablösen (Achtung, trotz gefrorenem Kern starke Verbrennungsgefahr!).

Die «Nüsse» mit einer Prise Pudersalz bestreuen und sofort servieren. Sie sind gleichermassen süss und salzig, knusprig und weich, warm und kalt.

Tipps
Anstelle von Gletscherwasser kann auch normales Wasser verwendet werden.

Für seine Nussmasse verwendet Ralph Schelling frische Schweizer Baumnüsse, die Ende Juni noch grün geerntet wurden. Bevor er sie zu einem Püree verarbeitet, werden sie geknackt, geschält und vom bitteren Häutchen befreit.

Das Salz zu Puder mörsern: So bleibt es auf der feinen Oberfläche haften. Diese Technik wird auch bei japanischem Tempura angewendet.

Alternativ zu den für Schellings Gletschernüsse eigens angefertigten Silikon-Nussformen kann die Masse auch in Eiswürfelformen oder etwas Ähnlichem gefroren werden.

Gemüsebällchen mit Kefir-Kräutercrème

Gemüsebällchen
150 g Urdinkelmehl | 1 TL Backpulver | 1 TL Algenpulver | 2 dl Wasser | 3 Eier | 2 EL Sojasauce | zirka 100 g saisonales Gemüse (zum Beispiel Weisskohl, Frühlingszwiebeln et cetera)

Ausserdem: Rapsöl | Kräutersalat-Mix | Aebleskiver-Pfanne

Für den Teig alle Zutaten verrühren. Das Gemüse rüsten und mit einem Hobel oder von Hand in feine Streifen schneiden. Alles miteinander vermischen.

Wenig Öl in der Pfanne erhitzen und 3 gehäufte Esslöffel Teig in die Pfanne geben. Je Seite zirka 2 Minuten goldbraun backen.

Für die Bällchen verwendet Ralph Schelling eine dänische Aebleskiver-Pfanne, alternativ bieten sich aber auch eine japanische Takoyaki- oder eine Bratpfanne (für Pancakes) an.

Kefir-Kräutercrème
50 g Kefir | 150 g Rapsöl-Mayonnaise | 4 EL kalt gepresster Rhabarbersaft (alternativ: Limetten- oder Yuzusaft) | 2 Handvoll frische Kräuter (zum Beispiel Kerbel, Dill, Minze, Koriander, Pimpinelle, Petersilie, Thai-Basilikum oder Estragon) | ¼ TL Birkenzucker | Salz

Alle Zutaten für die Crème in einen Mixer geben und fein mixen. Es ist von Vorteil, wenn die Zutaten kalt oder leicht angefroren sind, da sie sich sonst während des Mixens erwärmen und Vitamine, Geschmack und Farbe verlieren oder die Sauce gerinnt. Abschmecken.

Brioche-pain perdu mit eingemachten Zuger Sauerkirschen

Brioche
800 g Mehl | 35 g Hefe | 3 dl Milch, lauwarm | 4 EL Zucker | 2 TL Salz | 350 g Butter, weich | 4 Eier

Ausserdem: 1 Eigelb | 20 g Milch

Mehl in eine Küchenmaschine geben. Hefe, Milch, Zucker und Salz zufügen, 5 Minuten kneten und anschliessend zugedeckt mindestens 30 Minuten an einem warmen Ort aufgehen lassen.

Butter und zum Schluss die Eier in den Teig einarbeiten, weitere 5 Minuten kneten. Erneut zugedeckt mindestens 30 Minuten an einem warmen Ort aufgehen lassen.

Teig zusammenschlagen, zum Beispiel in eine Backform geben und nochmals zirka 20 Minuten an einem warmen Ort aufgehen lassen.

Eigelb mit Milch vermischen und den Teig damit vorsichtig bestreichen. Im vorgeheizten Ofen bei 180 °C rund 35 Minuten backen. In der Form auskühlen lassen.

Eimasse
3 Eier | 100 g Birkenzucker | 180 g Milch | 60 g Kirsch (zum Beispiel von Röllin)

Alle Zutaten für die Eimasse gut miteinander verquirlen und anschliessend passieren.

Kirschen
20 g Maizena | 150 g Rotwein | 150 g Sauerkirschensaft | 60 g Birkenzucker | ½ TL Kardamom | 1 Mark einer Vanilleschote, ausgekratzt | 2 Kirschblüten, fermentiert und in Salz eingelegt | 400 g Sauerkirschen, entsteint und aufgetaut

Ausserdem: Kirschkernöl (zum Beispiel von Zuger Rigi Chriesi) | geklärte Butter | Kirschblüten, in Salz fermentiert und kandiert | Vanillecrème | «warmer Schnee»

Maizena mit einem Teil Wein verrühren. Den restlichen Wein mit Kirschensaft, Zucker, Kardamom, Vanille sowie Kirschblüten aufkochen. Maizena-Rotwein-Mischung dazugeben und einmal gut aufkochen, damit die Sauce bindet. Abkühlen lassen und mit den Sauerkirschen vermischen.

Zubereitung
Brioche in Stücke brechen respektive zupfen und in einer Trocknungsmaschine oder während rund 2 Tagen komplett austrocknen lassen.

Getrocknete Stücke für 1 bis 2 Minuten in die Eimasse tauchen. Überschüssige Masse gut abstreifen und die Stücke in der heissen geklärten Butter zirka 2 Minuten ausbacken.

Eingemachte Kirschen auf Teller verteilen und mit der knusprigen Brioche belegen. Mit etwas Kirschkernöl und nach Belieben mit Vanillecrème, Kirschblüten sowie «warmem Schnee» vollenden.



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