«Wir kochen im Adler frisch und saisonal», sagt der 43-jährige Küchenchef Lucien Stalder bescheiden. Er verzichtet auf mediterrane Malereien und verarbeitet die regionale Ware zu einfachem Genuss. Das durchs Band zelebrierte gepflegte Understatement gehört zu den Stärken im Adler. Die Speisekarte kommt, die Vorfreude hält an: Aspik vom Tafelspitz, ein Wurstsalat der besseren Art, pochierter Saibling, Pilzcrêpes, Wiener Schnitzel, und Cordon bleu sind Klassiker, die einem Gasthof gut anstehen. Ja, und dann wäre da noch die hausgemachte, delikate, grobe Schweinsbratwurst, die der gelernte Metzgermeister Brüderli selbst produziert. Wer es etwas feiner mag und auf entspannte Gaumentänze steht, findet diese im hauseigenen À-la-carte-Restaurant. Was Stalder in seinem Menü kocht, ist das, was abgeklärte Feinschmecker suchen, aber nur selten finden. Mit Sorgfalt zubereitete Gänge ohne Firlefanz. Sein Können hat der versierte Küchenchef einige Jahre im bekannten Ochsen in Arlesheim unter Beweis gestellt. Seine exakte, innovative Küche ohne Prahlerei ist ein Glücksfall für den Adler. Er drapiert keine Pinzetten-Küche oder langweilt mit dem Goldenen Schnitt auf dem Teller, sondern überzeugt mit Geschmack, mit Rindscarpaccio, Felchentatar, Forellenfilet an Vin jaune, luftig leichtem Hackbraten, zarter Kalbsschulter und saftigem Lammkarree.
Hinzu kommt eine durchdachte, spannende und preislich fair kalkulierte Weinauswahl die mit über 150 Positionen glänzt und die von der diplomierten Sommelière Barbara Nebiker zusammengetragen wurde. Diese Karte hat trinkfreudige Gäste verdient, zumal das Haus über elf angenehme Gästezimmer verfügt und der Bahnhof der S-Bahn nicht weit entfernt ist. «Ich kredenze neugierigen Spürnasen gern auch weniger bekannte Provenienzen – wie Rheinriesling, Lagrein oder Plan Robert, wir können mit unserem Bordeauxsortiment aber auch passionierte Weinkenner überzeugen», sagt Nebiker.
Und sonst? Der beeindruckende Gewölbekeller drängt sich für eine gut gelaunte Tafelrunde zum Aperitif richtiggehend auf. Er wird auch gern von Gesellschaften zum Einstieg in einen stimmungsvollen Anlass genutzt. Hinzu kommen zwei Extras: Für die Fahrt zum Bahnhof bietet sich auf Voranmeldung das Adler-Taxi an, und für die Zigarre und das Lebenswasser danach oder für das erfrischende Bad im Rhein davor wartet am nahe gelegenen Bootssteg das sogenannte Adler-Schiff. «Für dieses Boot habe ich meinen Maserati geopfert. Gut, ich komme langsam in ein Alter, in dem ich bequemer in mein Boot einsteige, als ich mich mühselig aus dem Maserati hieve», sagt Brüderli und lacht. Alles gut? Alles oder fast alles, was aber nicht mehr als ein subjektives Empfinden ist. Die etwas eigenwilligen grauen Tischläufer und die in der gleichen Farbe gehaltenen Servietten wollen nicht so recht zur Atmosphäre des Hauses passen. Weisse Servietten und gar keine Läufer auf den wundervollen Holztischen wären eine Überlegung wert. On verra.
Nun können also die Ortsbürger wieder in ihrer schönen Dorfbeiz sitzen. Sie werden herzlich begrüsst und bedient. Sie lehnen sich zurück, sie sind angekommen, sehen sich an oder um, reden, diskutieren, lachen, lesen in der Zeitung oder schweigen und sinnieren bei einem Glas oder bei einer Flasche über die Leichtigkeit des Seins und über die klappernden Störche, die ab und zu auf den Dächern ihres Dorfes nisten. Sie trinken Prattler Sauvignon blanc oder Chasselas vom Mont Vully, Chardonnay aus Genf oder eine Petite Arvine aus dem Wallis. Zum Essen kommt dann der Rote auf den Tisch. Ein Cornalin, eine Humagne Rouge oder ein Gamay von Nicolas Zufferey. Die Franzosen, Italiener, Deutschen, Österreicher Spanier und Portugiesen werden die nächsten Male entkorkt. Denn der Adler fliegt im Gegensatz zu den Störchen nicht mehr weg. Er bleibt.