Frei von Zwang

Seit Februar speist die Swiss-Re-Belegschaft in Zürich im Mitarbeiterrestaurant-Provisorium am Grünspitz. Dort hatte auch die Kampagne Kleines Gewissen einen Auftritt. Verantwortlich dafür waren die Lehrlinge von SR Gastronomy.
Text: Tobias Hüberli – Fotos: Fredi Lienhardt
Veröffentlicht: 21.08.2018 | Aus: Salz & Pfeffer 5/2018
Von unten nach oben: Fabian Gilliand, Alexandre Almeida Leal (KV), Nina Herczinsky, Rachid Faraji, Martin Kolb, Severin Seiler, Stefan Stanisavljevic, David Raoult

«Seine Begeisterung habe sich anfangs in Grenzen gehalten.»

Die interne Gastronomie des Rückversicherers Swiss Re am Zürcher Mythenquai geniesst einen ausgezeichneten Ruf. Und das hat nicht nur mit dem Direktionsrestaurant zu tun, in dem Küchenchef Seamus Egan mit seiner Brigade seit Jahren – und abseits der breiten Öffentlichkeit – eine Gastronomie auf Sterneniveau bietet. Auch das Mitarbeiterrestaurant wird allen Aspekten einer modernen Gemeinschaftsgastronomie gerecht. Köche der Swiss Re waren letztes Jahr denn auch direkt involviert bei der Entwicklung des Kleinen Gewissens, einer Kampagne, mit der die «Schweizer Qualitätsstandards für eine gesundheitsfördernde Gemeinschaftsgastronomie» bekannter gemacht werden sollen (siehe Box).

Seit Februar wirkt das Gastronomie-Team der Swiss Re in Zürich in einem Provisorium, bis der Umbau des Restaurants im Januar 2020 fertiggestellt ist. Aus kulinarischer Sicht hat sich die Lage für die rund 2500 Mitarbeitenden in Zürich und Adliswil nicht verändert. Für eine monatliche Pauschale essen sie im Restaurant, was und so viel sie wollen. Das Angebot besteht aus einem reichhaltigen Salatbuffet, jeweils zwei Menüs sowie einer vielseitigen vegetarischen Komposition. Ebenfalls zur Auswahl stehen Sandwiches, ein warmes Take-away-Gericht, Gebäck, Früchte, Säfte und Dessertvariationen, für diejenigen, die nicht im Restaurant speisen wollen oder keine Zeit dafür haben.

Dem Einzug ins Provisorium ging ein logistischer Kraftakt voraus, den die Mitarbeiter der Swiss-Re-Gastronomie gemeinsam stemmten. Dabei fassten die zehn Lehrlinge eine spezielle Aufgabe. «Mit dem Einzug ins Provisorium sollte auch das Kleine Gewissen in Zürich und in Adliswil seinen Auftritt haben», sagt Peter Portmann, der neben den Küchenchefs Arif Brahimi, Roland Maier und Marcel Staubli das Projekt unterstützte. Wie der Auftritt im Gastraum konkret gestaltet werden soll, war den Lehrlingen überlassen. Und die mussten sich dafür erst einmal mit den verschiedenen Aspekten der Qualitätsstandards befassen.

Fabio Gilliand und Raphael Theiler

Seine Begeisterung habe sich anfangs in Grenzen gehalten, gibt Raphael Theiler, Kochlehrling im dritten Jahr, unumwunden zu. Das Interesse entwickelte sich erst im Verlauf des Projekts. «Erfreulich war, dass wir viele Empfehlungen des Kleinen Gewissens im Betrieb bereits umsetzen», so Theiler. Für die internationale Belegschaft des Rückversicherers sind salzarme und ausgewogene Mahlzeiten seit Jahren Programm. «Und auch in der Berufsschule werden wir auf regionale Produkte und eine gesunde Küche gedrillt», ergänzte Mitlehrling Fabio Gilliand.

Die Jungen liessen sich einiges einfallen, um dem Kleinen Gewissen beim Einzug ins Provisorium (die Aktion dauerte insgesamt vier Wochen) zu einem möglichst grossen Auftritt zu verhelfen. So prangte «das kleine Meiteli», wie es Theiler nennt, unter anderem neben ausgewählten Gerichten auf dem digitalen Menüplan (übrigens die meistbesuchte Seite auf dem Intranet der Swiss Re). Zum gegebenen Anlass kehrten die Lehrlinge gleich noch die Speisefolge um, nannten also zuerst die Beilagen und erst danach die Art des Fleisches. Für Gastgeber und Gäste gleichermassen erkenntnisreich waren die Musterteller neben der Essensausgabe, die eine optimale Portionierung der Menüs anzeigten.

Dazu erstellten die Lehrlinge im Gastraum eine Lebensmittelpyramide und gewannen mit Matthias Hollenstein von Slowgrow einen innovativen Gemüselieferanten, der den interessierten Mitarbeitern Auskunft über seine Produktionsmethoden gab. Die Zusammenarbeit mit Swiss Re beschreibt Hollenstein ziemlich simpel. «Ich bringe einfach, was bei mir gerade auf den Feldern wächst, und die Köche machen daraus, was sie Lust haben.»

Lustvoll und keinesfalls belehrend soll auch das Kleine Gewissen wirken. «Es geht darum, das Bewusstsein der Gäste für eine gesunde Ernährung zu stärken, und zwar frei von jedem Zwang», sagt Peter Portmann. Am Ende entscheide der Gast immer noch selbst, was er essen möchte. «Unser Salatbuffet besteht zu 50 Prozent aus rohen Elementen und erfreut sich grosser Beliebtheit, wenn wir aber Cordon bleu mit Pommes frites auf den Menüplan setzen, bestellt das nach wie vor der Grossteil aller Mitarbeiter.»

Mit Freude umsetzen
Anfang Jahr lancierte der Schweizer Verband für Heim-, Spital- und Gemeinschaftsgastronomie (SVG) die Kampagne Kleines Gewissen. Sie soll Gastgebern dabei helfen, die «Schweizer Qualitätsstandards einer gesundheitsfördernden Gemeinschaftsgastronomie» einfach und mit Freude in die Tat umzusetzen. Auf der Website des Kleinen Gewissens sind die wichtigsten Inhalte in wenigen Sätzen zusammengefasst. Zudem ist ein Selbsttest aufgeschaltet, der den Gastronomen zeigt, wo ihr Betrieb steht, was gut ist und was verbessert werden kann. Frühere Resultate bleiben gespeichert, wodurch sichtbar wird, wie sich ein Betrieb in Sachen Gesundheitsförderung entwickelt.

www.kleines-gewissen.ch



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