Inwiefern gilt das für Ihre Küche?
Meine Gerichte sind ungekünstelt und echt, sie mögen auf den ersten Blick simpel wirken. Aber: Sie sind auf den Punkt zubereitet, auch am Herd müssen die Handgriffe sitzen. Für mich sind meine Gerichte, so wie sie auf den Teller kommen, abgeschlossen – geschmacklich und visuell. Dahinter stehe ich voll und ganz.
Kommt so viel Selbstvertrauen gut an?
Ich glaube, dass unsere Gäste das durchaus schätzen. Wir sind mega gradlinig in dem, was wir tun. Und wer zu uns kommt, muss mitmachen; es gibt, was es gibt. Natürlich kann man immer etwas verbessern, das ist auch gut so, aber wir wollen mit grosser Selbstsicherheit für unsere Sache einstehen und sagen können: Das ist im Moment das Beste! Für uns stimmt das schliesslich.
Sich derart zu exponieren braucht Mut.
Darüber habe ich nie nachgedacht. Wir treffen für uns sinnvolle Entscheidungen, ohne jede davon an die grosse Glocke zu hängen. Dass wir den Fokus auf Gemüse legen und viele unserer Menüs ohne Fleisch auskommen, halten wir für selbstverständlich. Wir leben im Jahr 2022 und ich glaube, wir sehen alle, mit welchen Challenges wir in Zukunft konfrontiert sein werden. Ich weiss ehrlich gesagt nicht, wie man überhaupt noch anders ein Restaurant führen kann.
Bis auf wenige Ausnahmen arbeiten Sie ausschliesslich mit Schweizer Lebensmitteln, zu vielen davon haben Sie sogar einen persönlichen Bezug.
Das stimmt. Wir suchen und finden unsere Produkte gern selbst. Das fing damit an, dass Merets Familie im Fricktal viele Chriesibäume besitzt und wir beschlossen, einen Teil der geernteten Früchte einzumachen, nach dem Motto: Die können wir sicher mal brauchen. Mit der Zeit kamen dann Tomaten hinzu und immer weitere Sachen ... Zuletzt entdeckten wir im Freibad Bitterorangen, die wir pflücken durften. Man findet so viele tolle Lebensmittel vor der Haustür!
Und was macht ein gutes Gericht aus?
Die Balance von Texturen und Aromen ist für mich entscheidend. In meinen Gerichten zählt zudem, dass die Komponenten miteinander harmonieren, dass die Gäste etwas in die Sauce tunken, teilen und mischen können. Das Menü besteht immer aus sieben salzigen Gerichten und einem süssen Abschluss, wobei gewisse Parts wiederkehrend sind – der Toast zur Vorspeise mit einer wechselnden Butter, zum Beispiel. Dann gibt die Saison natürlich den Rahmen vor, plus das, was die Einmachgläser im Keller hergeben. Und die Küche, die ziemlich klein ist und eine gute Planung der Abläufe bedingt.
Inwiefern spielt es eigentlich eine Rolle, dass Sie keine ausgebildete Köchin sind?
Gar nicht, würde ich sagen. Ich stand von klein auf mit in der Küche und veranstaltete schon früh private Supper Clubs, in deren Rahmen ich für viele Leute kochte. Ich bringe also durchaus Know-how mit. Bei uns in der Guttere arbeiten sowohl in der Küche als auch im Service gelernte Fachkräfte und Menschen, die Erfahrung aus anderen Bereichen mitbringen. Ich finde diese Mischung erfrischend. Was uns alle verbindet, ist der Vibe, den wir hier leben.
Klingt super. Wo liegen die Nachteile des Konzepts?
Es fällt etwas mehr Administration an, die Dienstpläne sind eine Herausforderung – und wir müssen die Kommunikation gut pflegen. Gerade was die Planung angeht, haben wir im ersten Jahr eine Menge gelernt. Das ist elementar, weil die Idee schon ist, dass Meret und ich uns hier künftig noch mehr zurücknehmen.
Erzählen Sie!
Noch ist nichts konkret, aber wir haben viele Ideen, würden gern etwas Nächstes aufziehen. Vielleicht ein Hotel oder einen Kiosk? Wir sind auf nichts fixiert, sondern absolut offen und wollen einfach mal schauen, wie sich das, was da ist, umdenken lässt. So haben wir es in der Guttere gemacht. Nun sind die Grundsteine hier gelegt, der Betrieb läuft nachhaltig, auch was die personellen und finanziellen Ressourcen angeht, und wir haben Lust, uns wieder vermehrt kreativ zu betätigen. Warum also nicht etwas Neues machen?