Die Languste ist vorbereitet, das Auge des Chefs auf die Glut gerichtet. «Schalentiere schmecken am besten, wenn sie frisch aus dem Meer geholt werden und direkt auf die Holzkohle kommen», sagt Reto Brändli, während er mit einem schnellen Handgriff das Tier wendet. «Mit meinem Gericht will ich das Erlebnis einer frischen Languste irgendwo an einem Strand in Asien auf den Teller bringen.»
Salz & Pfeffer ist nach Ascona gereist, um einen ersten Eindruck vom neuen Chef am Herd zu gewinnen, dem 34 Jahre jungen Shooting Star unter den Schweizer Spitzenköchen: Ausgebildet im Waldhaus Sils, geformt bei Violier, Ranza und Caminada – Reto Brändli hat sich seine Meriten früh an den besten Adressen verdient. Vier Jahre lang war er daraufhin im Restaurant Ecco in Ascona und St. Moritz bei Zwei-Sterne-Koch Rolf Fliegauf tätig. Nach Stationen im Cà d’Oro in St. Moritz und im Berliner Lorenz Adlon Esszimmer, wo er je zwei Michelin-Sterne erkochte, kehrt er nun zurück in die Schweiz.
Seit Mitte April bewirtet Brändli im Sommer die Gäste des Hotel Giardino in Ascona und im Winter des Giardino Mountain in St. Moritz. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs ist der neue Chefkoch seit gerade einmal drei Wochen im Amt. Umso gespannter darf man sein: Welche kulinarische Handschrift bietet er seinen Gästen? Wie läuft es mit der Eingewöhnung des Teams?
Die Ouvertüre zum neuesten Akt in der kulinarischen Geschichte des Ecco beobachten wir von einem Logenplatz aus: Vom Chef’s Table, dem Hochtisch, der die Küche vom übrigen Gastraum trennt, wandert der Blick hin und zurück zwischen dem Geschehen am Herd und dem toskanisch inspirierten Interieur.
Dass Brändli erst seit wenigen Wochen die Leitung des Restaurants Ecco im Giardino Ascona übernommen hat, scheint surreal. Die Szenen in der Küche wirken wie bei einer Brigade, die seit Jahren zusammenspielt. Jeder Griff sitzt, kein falscher Blick, kein falscher Ton. Man geht sich gegenseitig zur Hand, wenn es nötig ist. «Ich liebe Struktur in der Küche», sagt der Chef – und meint das wörtlich. Jeder Koch hat seine Station, doch beim Anrichten des Hauptganges stehen fünf Leute Schulter an Schulter. Die Übergänge flüssig, die Ansprache multilingual, die Abläufe: orchestriert.