Aufgebrüht

Kaffee hat seinen Preis

Illu Nadja Schwarz

Lange Zeit zum Jubeln hatten die Kaffeebauern und -bäuerinnen nicht, als der Preis für Rohkaffee während eines Intermezzos im Sommer 2021 auf über zwei Dollar pro Pfund stieg und sie mit jedem verkauften Pfund vielleicht gar kostendeckend arbeiten konnten. Denn nur ein Jahr später hatte sich der Preis durchschnittlich wieder im kaum rentablen Bereich von unter 1,70 Dollar pro Pfund eingependelt. Geblieben sind der Aufschrei der hiesigen Gastronomie, dramatische Wetterereignisse in den Kaffeeanbauländern und die traurige Instabilität der Weltpolitik. 

Kaffee ist ein Rohstoff, der an der Börse gehandelt wird. Wetterereignisse, Spekulationen und Weltgeschehnisse können dazu führen, dass der Preis heftig durchgeschüttelt wird. So schaut die ganze Kaffeewelt Jahr für Jahr nach Brasilien und beobachtet die dortige Politik sowie die anstehende Ernte. Als grösster Kaffeeproduzent mit einem Marktanteil von knapp 37 Prozent hat Brasilien nämlich einen entscheidenden Einfluss auf den weltweit geltenden Rohkaffeepreis. Nicht nur Politik- oder Währungsschwankungen, sondern auch die prophezeite Ernte des Landes dirigieren die Tätigkeiten der Spekulantinnen und Rohkaffeeeinkäufer. Salopp gesagt: Sieht es gut aus in Brasilien, sieht es schlecht aus für die restliche Kaffeewelt.

Doch damit nicht genug. Diverse andere Weltgeschehnisse beeinflussen die finanzielle Lage eines Kaffeebauern respektive einer Kaffeebäuerin ebenfalls sehr. So ist beispielsweise die Ukraine eine der grössten Produzentinnen verschiedener Düngemittel, deren Preise durch den Krieg massiv gestiegen sind. Die immense Teuerung, Bankzinsen, die teilweise die 20-Prozent-Marke geknackt haben, oder auch hohe Transport- und Produktionskosten sind weitere Faktoren, welche die Kosten für die Kaffeebäuerinnen und -bauern explosiv nach oben gejagt haben. 

Während die Produktions- und Lebenskosten weiterhin ansteigen, ist der Preis für Rohkaffee nach einem kurzen Hoch im Sommer letzten Jahres schon lange wieder in tiefe und unrentable Gefilde gefallen. Die Gastronominnen und Gastronomen hierzulande hingegen haben nicht nur umgehend die Preise für einen Espresso oder eine Tasse Cappuccino erhöht, sondern diese auch beibehalten, als der Preis für Rohkaffee wieder dauerhaft einbrach und der Kaffeeanbau erneut zum Defizitgeschäft wurde. 20 Rappen mehr bedeuten hier nicht besonders viel, 20 Rappen mehr dort würden jedoch entscheidend zur Rentabilität beitragen. Kürzlich hat mir jemand gesagt: Kaffeeanbau macht niemand freiwillig, er ist oft nur die einzige Option. Tragen wir doch mit kritischen Fragen zur Preisstruktur dazu bei, dass wir uns auch künftig noch auf einen Kaffee treffen können! 

Nadja Schwarz

Kursleiterin Sensorik, Kaffeemacher GmbH
Ausgabe: Salz & Pfeffer 6/2023 / Datum: 16.11.2023