Ausgetrunken

Achtung, fertig.

Nicole Klauss

Grundsätzlich spricht ja nichts gegen Convenience-Drinks, Wein ist schliesslich auch einer. Aufmachen, eingiessen, geniessen, freuen. Wenn es gut läuft.

Da ist es verständlich, dass so viele Beizen, Restaurants und Cafés Ready-to-drink-Produkte (kurz: RTD) anbieten. Unverständlich hingegen ist, warum sie auf minderwertige, fertig gemischte Getränke setzen, mit denen sie mitunter die qualitätsbewusste Kundschaft vergraulen. Es gibt gute alkoholfreie Getränke, die man fixfertig kaufen und den Gästen anbieten kann, tolle Limonaden, Tonics, Kombucha sowie Varianten auf Bierbasis. Aber wo viel Licht ist, ist bekanntlich auch viel Schatten.

Beispiel Apfelschorle: Der Saftanteil bei fertigen Schorlen liegt bei 30 Prozent oder weniger, und bei klarer Apfelschorle handelt es sich um Konzentrat minderer Qualität. Die Alternative ist ein vernünftiger, naturtrüber Direktsaft mit Mineralwasser. Das erfordert das Öffnen von zwei Flaschen. Ist das in Zeiten von Personalmangel zu viel Aufwand?

Ganz oben auf meiner Liste der unnötigen RTD steht das aromatisierte Wasser, von der Industrie als Infused Water angeboten. Darin enthalten: künstliche Aromen, Konservierungsstoffe, Industriezucker und Zitronensäure (E 330). Letztere wird aus Mais und Melasse hergestellt, fermentiert mit Aspergillus niger, einem Schimmelpilz. Sie ist grundsätzlich nicht gesundheitsschädlich (die Menge macht das Gift), aber hat mit der Säure von Zitronensaft so wenig zu tun wie aromatisiertes Wasser aus dem Supermarkt mit dem selbstgemachten Pendant.

Ich höre schon die Stimmen: Personalkosten! Zeit! Materialkosten! Stimmt, irgendwie. Aber: Für ein gutes aromatisiertes Wasser braucht es Hahnen- oder stilles Mineralwasser, frisches Obst oder Gemüse, ein Messer, ein Schneidbrett und einen Getränkespender. Zubereitungszeit: zwei Minuten. Morgens angesetzt, in kürzester Zeit trinkbar. Sprich: minimaler Materialeinsatz bei ordentlicher Gewinnspanne.

Für einen alkoholfreien Premix-Mojito aus der Dose zahlen die Gäste in der Gastronomie mitunter so viel wie für einen frisch an der Bar hergestellten Cocktail. Eine Premiumisierung der RTD im alkoholfreien Segment ist also zwar bemerkbar, aber schnell gemischte Dosendrinks, die im Prinzip Aromencocktails mit Säureregulatoren und Konservierungsmitteln sind, hinterlassen einen schalen Beigeschmack, buchstäblich. Da helfen auch keine bekannten Grössen aus der Rapszene, die unter ihren Namen RTD auf Teebasis lancieren.

RTD mögen tolle Begleiter zum Picknick, am Strand oder auf Partys sein – in Restaurants, Beizen und Cafés, die besucht werden, um gut zu essen und zu trinken, haben sie wenig verloren. Oder freuen Sie sich im Café über einen Kuchen aus der Packung, einen Cappuccino aus der Tüte oder Eistee, der aus Pulver angerührt wird? Eben.

Nicole Klauss

Kulinarische Autorin und Gastronomieberaterin, neuetrinkkultur.de
Ausgabe: Salz & Pfeffer 4/2022 / Datum: 29.08.2022