Anschnitt

Milch: Kuh sticht Hafer

Die Kuh kommt immer mehr als Feindbild und Klimakiller ins Gerede, und das tun damit auch die Milch und deren Produkte. Für die Schweiz, das Land, in dem sprichwörtlich Milch und Molke fliessen, ist dieser Trend fatal. Ausserdem trägt die Flut der Meldungen zur vermeintlich gesundheitsschädlichen Wirkung der Milch nicht grad zum positiven Image des weissen Alpengoldes bei. Die klimafreundliche und gesündere Alternative seien, so heisst es, «Hafermilch» oder andere Drinks aus pflanzlichen Quellen. Ob diese, ganz abgesehen vom trimmbaren Geschmack, gleichwertige gesunde Alternativen sind, kann man glauben.

Zweifel regen sich allerdings rasch. Allein der Vergleich zwischen Kuh und Hafer zeigt mehr Dissonanzen als jener zwischen Äpfeln und Birnen. Die Kuh erzeugt Fett, Protein, Zucker und bioaktive Stoffe zur Versorgung ihres Nachwuchses. Das Haferkorn lagert Protein und Stärke zur Bereitstellung der Energie beim Keimen in seinen Speicher. Schon die biologischen Aufgaben zeigen: Eine echte Alternative kann der Hafer zur Kuh gar nicht sein.

Der ultimative Faktencheck liegt aber nicht als stabiles, kuhmilchähnliches Haferdrinkschäumchen auf dem Cappuccino, sondern tief drin im Unsichtbaren, im Mikroskopischen. Dabei sind es nicht nur die in der Kuhmilch rasch verfügbaren Mikronährstoffe wie Kalzium oder die essentiellen Aminosäuren, sondern die Hafer- und Milchproteine in ihrer vollen Pracht. Beim Verdauen zerfallen diese in Bruchstücke, die biogene Peptide, die im Körper einzigartig Gutes bewirken. Hochwertige Kuhmilchpeptide lassen sich aber nie und nimmer durch Hafer, Soja & Co. nachahmen. Unsere Physiologie erkennt also zweifelsfrei, ob die Milch von der Kuh oder der vermeintlich gleichwertigen Alternative aus dem Hafer stammt.

Thomas Vilgis

Physiker am Max-Planck-Institut für Polymerforschung
Ausgabe: 2/2020 / Datum: 02.03.2020


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