Unlesbare Etiketten
Der Blick auf das Etikett des französischen Gigondas verblüfft: Durchschnittlicher Nährwert 86 kcal/dl, 14,5 vol% Alc., Protein 0,1 g, Kohlenhydrate 3 g, davon Zucker 2 g, Fett 0 g, Ballaststoffe 0 g, Salz 0 g. Enthält Sulfide. Hilfsmittel: Carboxymethylcellulose, Casein, Albumin. Kann Spuren von Ei oder Milch enthalten. Klingt vielleicht nach starker Übertreibung, wird so ähnlich aber schon bald zu lesen sein. Die EU will es so.
Dass Wein Zucker und Proteinrückstände enthält, erschliesst sich schon aus der Zusammensetzung der Trauben und dem Beifügen von Hefen. Aber Ei, Milch oder gar das Verdickungsmittel Carboxymethylcellulose? Wer Wein geniesst, möchte davon lieber nichts wissen. Allerdings sind Trübstoffe und Weinstein in den Flaschen auch nicht immer gern gesehen. Daher wird Wein «geschönt».
Trübstoffe bestehen meist aus Aggregaten von Gerbstoffen und Proteinen. Damit sie Weine trüben, müssen ihre Aggregate gerade so gross sein, dass Licht nicht mehr ungehindert daran vorbeikommt. Sie bleiben aber winzig. Sie herauszufischen erfordert besonders engmaschige Netze, wie sie Eiweiss, Caseine der Milch oder Gelatine bieten. Der Hinweis «vegan» auf Etiketten zeigt schon heute die Vermeidung tierischer Klärmittel. Verbreitete Alternativen sind Bentonit oder Erbsen- und Sojaproteine. Selbst Carboxymethylcellulose ist dafür geeignet – und vermindert gleichzeitig die Bildung von Weinstein.
Bleiben künftig nur noch die Etiketten wildvergorener, ungeklärter Naturweine frei von chemischen Hinweisen? Vorläufig ja, aber leider bleibt deren genaue Komposition oft im Trüben. Neue Analysen geben nicht selten Hinweise auf toxische Nebenprodukte aus den Mikroorganismen wie Mykotoxine und biogene Amine – auch nicht gerade das Gelbe vom Ei.