Fine Dining? Ja, bitte!
Die Grenzen sind beileibe nicht so fliessend, wie viele glauben. Jene zwischen dem Essen im Restaurant und dem verfeinerten Essen im Restaurant. Casual und Fine Dining könnte man auch sagen, denn die deutsche Sprache gibt wenig her zur exakten Beschreibung der verschiedenen Gastronomiestile.
Wo die Grenze zwischen fein und nicht fein liegt, lässt sich am ehesten dort in Erfahrung bringen, wo es keine verfeinerte Form des Essens gibt. Bei meinen Besuchen in Georgien und Bhutan konnte ich genau das erleben. In dem an der Schnitt- stelle von Europa und Asien gelegenen Land bekam ich eine Woche lang, mittags wie abends, im Prinzip das Gleiche. Mal besser, mal schlechter, im schmackhaftesten Falle – wie bei Tekuna Gachechiladze im Café Littera in Tiflis – verdammt gut. Aber halt immer Teigtaschen, Gemüseaufstriche, frisch gebackenes Brot und Salate. Tolles Dining, aber kein feines. Auch das Königreich Bhutan kennt, wie ich kürzlich erleben durfte, bislang nichts Sublimes auf den Tellern. Chilischoten mit Käse bleiben auch in der bestmöglichen Variante ein rustikal-scharfer Gemüsegang mit leicht cremigem Beiklang, der rote Reis macht im Zusammenspiel mit klasse Bio-Spargel zwar Freude, ist aber nicht finessenreich.
Fine Dining entsteht, das wird hier wie dort deutlich, nicht einfach so. Talentierte Köchinnen und Köche müssen sich ausprobieren und lernen. Sie sollten gefördert werden – von ihren Arbeitgebern oder der Regierung – und Zeit bekommen. Eine Menge Mühe, die sich aber lohnt. Nicht etwa damit die Besucherinnen und Besucher teurer Hotels Abwechslung auf dem Teller finden oder Restaurantbetreibende irgendwann einen Stern im Guide Michelin ergattern. Fine Dining kann vielmehr, sofern richtig gedacht und gemacht, die gesamte Kultur eines Landes befruchten.