Anschnitt

Hauptsache, Spass

Wolfgang Fassbender

Alle kennen sie, die Wunderrestaurants. Jene handverlesenen Betriebe, in denen man nur mit Mühe einen Tisch bekommt. Das Disfrutar in Barcelona ist im Nu ausgebucht, in Stockholms Frantzén muss man glücklich sein über einen Platz, und auch das Restaurant Oben in Heidelberg ( jawohl!) kann sich kaum retten vor Buchungen. Vom angesagtesten Grilllokal der Welt, dem baskischen Asador Etxebarri, gar nicht zu reden. Doch Wunderlokale sind die Ausnahme. Üblicher sind hoch- und höchstdekorierte Etablissements, die sich bisweilen über Facebook melden und, kurzfristiger Stornierungen halber, auf freie Tische verweisen. 

Wie man zum Status permanenter Vollauslastung kommt, weiss übrigens niemand genau. Oft nicht mal jene Lokale, die überrannt werden. Am Preis kann es nicht liegen, denn nicht selten zahlt man das, was auch in anderen Toprestaurants üblich ist, nicht mehr, nicht weniger. An den Sternen und Ranglistenplätzen lässt sich der Erfolg auch nur bedingt festmachen. Viel eher ist es die Mischung aus Unverwechselbarkeit und Spass, die für Neugier sorgt. Ein Erlebnis mit gutem Essen muss es schon sein, aber die Betonung liegt auf dem ersten E-Nomen, nicht auf dem zweiten. 

Wer sich jetzt am Kinn reibt, als Köchin oder Gastronom, und auch nicht schlauer ist, sollte einfach selbst nachschauen, was hier und dort anders gemacht wird. Nicht, um zu kopieren, sondern, um Ideen zu sammeln. Leichter geschrieben als getan, aber, dass etliche Wirte viel zu selten Kolleginnen besuchen, ausserhalb des eigenen Dunstkreises, ist eine Binsenwahrheit. Er gehe nicht essen, sagte mir etwa ein italienischer Drei-Sterne-Koch, dafür habe er angesichts der vielen Arbeit keine Zeit. Selbst schuld. Noch scheint sein Restaurant gut gebucht, aber, dass dies auf alle Zeiten so bleibt, ist längst nicht ausgemacht. 

Wolfgang Fassbender

Gastronomie- und Weinjournalist
Ausgabe: Salz & Pfeffer 4/2024 / Datum: 27.08.2024