«Da wurde eine Chance vertan»

Die neuartigen Lehrgänge für Köche und Restaurationsfachleute im Neuro Culinary Center in Vitznau werden nicht durchgeführt. Für das Schweizer Gastgewerbe sind das keine guten Neuigkeiten.
Text: Tobias Hüberli – Foto: Getty Images
Veröffentlicht: 19.08.2021
Mit diesen Bild bewarb das Neuro Culinary Center den Studienlehrgang Küche.

«Es hätte eine Roadshow gebraucht»
Anfang Juli informierten die Verantwortlichen des Forschungs- und Ausbildungszentrums «das Morgen» in Vitznau, dass die von langer Hand geplanten Studiengänge für Küche und Genuss nun doch nicht durchgeführt werden. Diese waren ein wichtiger Teil des Neuro Culinary Center, eines Zentrums für visionäre Gastronomie, das Anfang 2022 auf dem Campus eröffnet werden soll. Die achtmonatigen, interdisziplinär aufgebauten und DAS-anerkannten Lehrgänge richteten sich an Köche und Restaurationsfachleute, die ihr Handwerk vertiefen wollten. Konzipiert worden waren sie ab 2019 von namhaften Experten rund um die Lehrgangsleiter Julia Scussel (Genuss) sowie Mario Garcia (Küche) und unter der Gesamtleitung von Andreas Fleischlin, vormals Geschäftsführer des Schweizer Kochverbands.

«Letztlich war es unser Ziel, das Handwerk des Kochens und jenes des Gastgebens einer akademischen Ausbildung gleichzustellen», erklärt Michael Ramseier. Der Berner Berufsschullehrer war eng in die Entwicklung der Lehrgänge involviert, entsprechend gross ist seine Enttäuschung über das Aus. Ausschlaggebendes Kriterium für den Abbruch sei die geringe Anzahl an Anmeldungen gewesen, heisst es von offizieller Seite.

Ramseier ist da anderer Meinung. Vom anvisierten Ziel, nämlich zwölf Studenten für den Lehrgang Küche und deren sechs für den Lehrgang Genuss zu begeistern, sei man im Mai zwar weit entfernt gewesen. «Allerdings wurde das neue Angebot gar nie richtig vermarktet, abgesehen von ein paar professionell gemachten Videos in den sozialen Medien.» Es hätte eine Roadshow gebraucht, so Ramseier. Renommierte Gastrobetriebe aus allen Bereichen des Gastgewerbes hätte man gezielt angehen und das Angebot erklären müssen. «Da wurde eine Chance vertan.»

Für die Branche sind das keine guten Neuigkeiten, ist Ramseier überzeugt. «Diese Lehrgänge waren ein Weg, die Ausbildung in der Gastronomie für den Nachwuchs attraktiv zu halten.» Laut seinen Beobachtungen wollen sich, insbesondere junge, Köche heute das Handwerk und Wissen lieber über praxisbasierte Lehrgänge als über die Ochsentour von Saisonstellen aneignen. «Heute führen sämtliche Weiterbildungen der Branche aus der Küche hinaus, keine stärkt das Handwerk.»

Was mit den zwei einsatzbereiten Lehrgängen nun passieren wird, ist noch unklar. «Es laufen diverse Gespräche mit Dritten sowie interne Überlegungen zur Durchführung. Man rechnet aber derzeit nicht mit einem schnellen Ergebnis», schreibt Martina Anderberg von der Medienstelle des Neuro Culinary Center. Letztlich gehören die topaktuellen Inhalte dem Österreicher Peter Pühringer. Der Besitzer des Luxushotels Palais Coburg in Wien sowie des Park Hotels Vitznau investierte rund 20 Millionen Franken in «das Morgen», das neben dem Neuro Culinary Center auch eine Musikakademie, Vortragssäle, eine Musik-Kindergruppe sowie ein Hotel und ein Restaurant beherbergen wird und Anfang 2022 eröffnen soll.

dasmorgen.ch



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