Prämien abgeschafft, Löhne erhöht

Der Grossbetrieb Familie Wiesner Gastronomie hat die Prämien abgeschafft. Nun gebe es mehr Planungssicherheit, sagt Geschäftsführer Manuel Wiesner.
Interview: Andreas Bättig – Foto: z. V. g.
Veröffentlicht: 06.02.2023
Manuel Wiesner, Geschäftsführer der Familie Wiesner Gastronomie

«Mit jenen, die bis dahin eine höhere Prämie bekommen hatten, mussten wir natürlich intensivere Gespräche führen.»

Sie haben die Prämien in Ihrer Unternehmung abgeschafft. Warum?
Manuel Wiesner
: Individuelle Prämien haben nicht mehr unseren Wertvorstellungen entsprochen. Wir finden, dass alle ein Anrecht auf gleich viele Prämien haben, nicht nur die Chefs. Ausserdem war die Höhe der Prämien je nach Budget sehr unterschiedlich. Somit gab es für die Mitarbeitenden auch keine Planungssicherheit. Nun sind die Prämien zum einen in die Fixlöhne integriert, zum anderen werden sie auf die Teams verteilt, die darüber entscheiden, was sie damit machen wollen.

Wie kam dieser Schritt bei den Angestellten an?
Grundsätzlich gut. Mit jenen, die bis dahin eine höhere Prämie bekommen hatten, mussten wir natürlich intensivere Gespräche führen. Doch auch ihnen konnten wir klarmachen, dass die Abschaffung der Prämien für alle gut ist.

Sie nennen das Geld, das Sie den Mitarbeitenden auszahlen auch, nicht mehr Prämie, richtig?
Genau. An einem Workshop haben wir nach einem Namen gesucht. Den ausbezahlten Betrag nennen wir, angelehnt an einen unserer Unternehmenswerte namens raketisch, ab sofort FWG-Rocket-Fuel!

Gibt es bei der Verwendung des FWG-Rocket-Fuel Regeln?
Wir haben zwei Dont’s definiert: Das Geld darf nicht politischen Parteien gespendet werden. Auch Organisationen mit extremem Gedankengut sind tabu. Weiter ist es verboten, Länder zu unterstützen, die in einem Krieg sind. Konkret meinen wir etwa die Ukraine.

Warum ist das tabu?
Wenn zum Beispiel eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter aus Russland kommt oder Verwandte dort hat, kann das zu Konflikten führen. Wir haben Mitarbeitende aus 70 verschiedenen Ländern bei uns und wollen als Firma neutral sein, damit niemand ausgegrenzt wird.

Gibt es schon Ideen, wofĂĽr Geld stattdessen verwendet werden soll?
Erfreulich ist, dass viele Teams vorhaben, das Geld nicht individuell sich selbst auszuzahlen, sondern es gemeinsam verwenden wollen. FĂĽr Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenke, zum Beispiel. Oder als Investition in den Pausenraum.

Sie haben nicht nur die Prämien, sondern auch das Budget abgeschafft. Wie kam es dazu?
Das Budget war nur noch für die Berechnung der Prämien da. War das Prämien-Budget mal gemacht, hat es niemand mehr angeschaut. Ob ein Restaurant gut oder schlecht läuft, weiss man auch ohne Budget. Deshalb haben wir beschlossen, es abzuschaffen. Neu sitzen wir jeden Monat mit den Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern zusammen und definieren gemeinsam die Ziele für den nächsten Monat wie Umsatz, den Mitarbeitenden- sowie den Warenaufwand.

Mit Ihren aussergewöhnlichen Massnahmen sorgen Sie medial immer wieder für Schlagzeilen. Besonders mit der Transparenz bei den Löhnen haben Sie für Furore gesorgt. Wie erklären Sie sich dieses grosse Interesse?
Ich denke, Lohntransparenz ist für viele ein Sehnsuchtsthema. Doch in patriarchal geführten Unternehmen ist sowas schwieriger umzusetzen. Ungewöhnlich ist sicher auch, dass wir als grosse Firma Experimente wagen, die man sonst mehrheitlich von Start-ups kennt.

Die Familie Wiesner Gastronomie ist ein Betrieb mit über 970 Mitarbeitenden aus rund 70 Ländern. Das Gastronomie-Portfolio besteht aus 34 Betrieben – verteilt auf die Städte und die Agglomerationen Zürich, Bern, Basel, Zug, Luzern und Winterthur. Zur Familie Wiesner Gastronomie gehören: Nooch Asian Kitchen, Negishi Sushi Bar, The Butcher, Miss Miu, Outback Lodge und Gypsy Rose, Poke Nation, The Dumpling Brothers und Angry Chicken sowie Kitchen Republic. 



Seite teilen

Bleiben Sie auf dem Laufenden – mit dem kostenlosen Newsletter aus der Salz & Pfeffer-Redaktion.

Salz & Pfeffer cigar gourmesse