«Ein helles Lager reicht nicht mehr»

Herr und Frau Schweizer haben letztes Jahr markant weniger Bier konsumiert. Reto Preisig, Geschäftsführer der Brauerei Schützengarten, sagt, warum das so ist – und was er dagegen zu tun gedenkt.
Interview: Tobias Hüberli – Foto: z. V. g.
Veröffentlicht: 13.02.2024 | Aus: Salz & Pfeffer 1/2024

«Wir setzen auf Qualität und haben unser Sortiment stark ausgebaut.»

Schweizweit sanken die Bierverkäufe 2023 um 2,5 Prozent. Wo orten Sie das Problem?
Reto Preisig:
Der Konsum von Bier wird insbesondere auch durch die unsichere Wirtschaftslage beeinflusst. Die Preisentwicklung bei den Krankenkassenprämien oder der Energie spielt genauso eine Rolle wie die unsichere geopolitische Lage. Ein beträchtlicher Anteil der Bierproduktion wird im Gastgewerbe konsumiert. Und gerade bei den Restaurantbesuchen sind aktuell viele zurückhaltend.

Mit welchen Rezepten wollen Sie die Nachfrage ankurbeln?
Wir setzen auf Qualität, brauen etwa nach dem Slow-Brewing-Standard. Und wir haben unser Sortiment stark ausgebaut. Kürzlich mit dem Session Lager, einem mit 3,8 Volumenprozent etwas leichteren Bier. Das entspricht dem Trend.

Auch alkoholfreie Biere erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Wie wichtig ist dieser Markt für Schützengarten?
Die Entwicklung ist sicher positiv. Wir haben mittlerweile sechs ausgezeichnete alkoholfreie Biere und Biermischgetränke im Angebot. Ganz neu ein Amberbier in Bioqualität. Absatzleader sind aber nach wie vor unsere alkoholhaltigen Klassiker: Edelspez, Lager hell oder Klosterbräu.

Das Gastgewerbe ist Ihr wichtigster Absatzkanal. Mit welchen Herausforderungen rechnen Sie 2024?
Viele Gastronominnen und Gastronomen sind gestärkt aus der Pandemie zurückgekehrt, andere aber spüren den Fachkräftemangel, verzeichnen tiefere Gästezahlen oder kämpfen mit finanziellen Herausforderungen. Unsere Kundenberaterinnen und -berater sind in ihren Regionen gut vernetzt, kennen den Markt und können insbesondere Neueinsteigenden wertvolle Sparring-Partnerinnen und -Partner sein.

Inwiefern?
Die Gäste sind sich vom Privatkonsum an eine grössere Bierauswahl gewöhnt. Ein helles Lagerbier auf der Karte reicht heute nicht mehr aus. Das Sortiment muss auf die Bedürfnisse der Kundschaft ausgerichtet sein, wobei wegen der schwierigeren Bewirtschaftung die richtige Sortimentstiefe entscheidend ist.

Brauereien fungieren noch immer als Bank, indem sie Betrieben Ausschankanlagen zur Verfügung stellen und einen Teil des Risikos tragen. Hat sich das Konzept nicht überlebt?
Bei uns werden weniger Getränkelieferverträge abgeschlossen als vor zehn Jahren. Wir suchen dieses Geschäft nicht, gerade weil es mit grossen Risiken verbunden ist, nicht nur für uns, sondern auch für die Wirtinnen und Wirte. Auf der anderen Seite gibts auch positive Momente. Etwa, wenn inzwischen erfolgreiche Geschäftsleute uns danken, dass wir sie beim Schritt in die Selbstständigkeit unterstützt haben. Die Basis für so ein Arrangement sind ein realistischer Businessplan und ein totales Commitment vom Unternehmer oder der Unternehmerin.

Schützengarten betreibt seit 1895 ein eige- nes Wasserkraftwerk. Für die Bierproduktion selbst braucht es aber nach wie vor mit Öl oder Gas betriebene Systeme. Lohnt sich die eigene Stromproduktion überhaupt?
Der Bau des Wasserkraftwerks ist eine Pioniertat in der Geschichte von Schützengarten. Es liefert Naturstrom im Überschuss und gibt uns diesbezüglich maximale Unabhängigkeit. Wir produzieren etwa doppelt so viel Strom, wie wir in unserer Produktion und Verwaltung brauchen. Den Rest speisen wir ins öffentliche Netz ein. Wir machen das aus Überzeugung, weniger aus finanziellen Gründen.

Was wünschen Sie sich für 2024?
Eine stabilere politische Lage, eine sich gut behauptende Gastronomie, tolle Kontakte zur Kundschaft – und ganz besonders: viele bierige Genussmomente.

Der Schweizer Biermarkt stottert
Laut Berechnungen des Schweizer Brauereiverbands schrumpfte der helvetische Biermarkt im Braujahr 2022/2023, das jeweils im September endet, im Vergleich zur vorherigen Periode um 2,5 Prozent. Nach einem starken Wachstum aufgrund von Aufholeffekten nach der Pandemie konnte die positive Dynamik im Berichtsjahr nicht gehalten werden. Der Ausstoss von alkoholfreien Bieren stieg allerdings erneut um 5,3 Prozent.



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