Wie gehen Sie damit um, ständig von Restaurantführern bewertet zu werden? Ich mache mir deswegen keinen Druck. Mir ist einfach wichtig, Sachen zu kreieren, die mir persönlich schmecken und hinter denen ich stehen kann. Aber natürlich hoffee ich, dass sie unseren Gästen und auch den Testern schmecken.
Fehlt Ihnen nicht manchmal der Austausch, wie man ihn innerhalb einer grossen Brigade hat?
Am Anfang war das sicherlich so. Vor einem Jahr holten wir Vadim Bornhauser in einem Teilzeitpensum, weil einfach klar wurde, dass man die Winterzeit hier alleine nicht überlebt. Seit diesem Oktober ist Christian Oliveira Vollzeit bei uns. Das wird sich in den nächsten Menüs bemerkbar machen, einfach, weil zu zweit mehr zustande kommt.
Was haben Sie sich im Wein & Sein eigentlich vorgenommen?
Da habe ich mir keinen allzu grossen Kopf gemacht. Ich wollte einfach gut kochen und schauen, was allein alles möglich ist. Ich hege schon den Hintergedanken, später mal wieder ein grösseres Team zu führen, nicht morgen oder übermorgen, aber irgendwann. Insofern erlebe ich hier am eigenen Leib, was man einem Mitarbeiter alles abverlangen kann – und was nicht.
Wie beurteilen Sie die gastronomische Entwicklung in Bern?
Die Stadt macht sich. Es ist schade, dass das Restaurant Eisblume in Worb weggefallen ist, einfach weil es die Crew um Simon Apothéloz dort wahnsinnig gut gemacht hat. Und es ist ein bisschen schade, dass Bern mit dem Meridiano nur ein Sterne-Restaurant hat. Es gibt halt immer noch viele Leute, die in eine Stadt gehen, um gut zu essen. Bern bietet diesbezüglich auf dem Papier, wenn mans nicht kennt, eher wenig. Aber die Entwicklung ist sicherlich positiv.
Wie ist die Beziehung unter den Köchen in Bern?
Generell ist der Austausch in der Gastronomie hier ziemlich hoch. Nicht nur unter den Köchen. So habe ich es noch nirgends erlebt. Über die Zeit ist ein richtig gutes Netzwerk entstanden. Hilfreich war diesbezüglich auch die Eventreihe Acht Häng, acht Gäng, an der ich mitwirken durfte. Man läuft sich in der Stadt schnell über den Weg und redet miteinander. Wenn man Hilfe braucht oder ein Gerät fehlt, schreibt man das mal in die Runde, und irgendwer kommt dann zu Hilfe.
Kochen sei auch Ihr Hobby, sagen Sie.
Das ist tatsächlich so. Und alles, was mit Essen zu tun hat, interessiert mich. Das hat so mit elf oder zwölf angefangen. Meine Eltern waren damals beide berufstätig. Da habe ich mir von meiner Mutter ein paar Sachen zeigen lassen, damit ich in der Lage war, für mich und meine Schwester etwas zu kochen, wenn ich von der Schule kam. Was ich da zusammenrührte, hatte zwar nichts mit Kochen zu tun, aber ich fands ziemlich entspannend. So wurde es zuerst zum Hobby und später zum Beruf. Mir war immer klar, dass mir meine Arbeit Spass bereiten muss.
Hegten Sie nie Zweifel an Ihrem Entscheid?
Doch, ich habs oft hinterfragt. Weils nicht unbedingt die schönsten Arbeitszeiten sind und der Beruf einem viel abverlangt. Es sind auch ein paar Hobbys und Freundschaften dafür auf der Strecke geblieben. Natürlich lernt man neue Menschen kennen, und ich bin froh, dass es so gelaufen ist. Aber es gab Momente, in denen ich mich fragte, ob ich das wirklich will.
Glauben Sie, ein guter Koch zu sein? Das sollen andere beurteilen.
Sie wurden von Geschäftsführerin Daniela Jaun angeworben. Wie funktioniert die Zusammenarbeit?
Super. Daniela ist eine sehr offene Person. Was die Küche angeht, habe ich freie Hand. Sie kümmert sich um die Gäste und den Wein, von beidem habe ich wenig Ahnung. Aber ich kann zum Beispiel jeden Wein probieren, der zum Menü geht. Es ist cool mit ihr.
Was kommt im Restaurant Wein & Sein eigentlich zuerst: der Wein oder das Essen dazu? Es ist sensorisch betrachtet einfacher, zuerst ein Gericht zu kreieren und dann den Wein darauf abzustimmen.
Im Winter ist im Wein & Sein Hochsaison. Kochtechnisch betrachtet ist das nun nicht unbedingt die ergiebigste Zeit.
Es geht. Ich finde den Winter eigentlich ziemlich interessant. Die Fermentation oder ganz generell das Haltbarmachen von Lebensmitteln ist ein spannendes Thema. Ich arbeite gerne mit gepickelten, eingelegten oder eingemachten Sachen. Man muss sich einfach relativ früh Gedanken machen, was man kochen will. Klar, die Produktpalette wird schmaler, aber ich sehe das als Herausforderung. Eine, die mir persönlich umso mehr Spass bereitet, weil man kreativ sein muss.
Hat es Sie nie gereizt, nochmals zu reisen, etwa um andere Kontinente kennenzulernen? Doch, Bern war eigentlich mal als Zwischenstation gedacht. Mein Ziel war es, hier ein bisschen was fürs Konto zu tun und dann Neuseeland zu bereisen. Als Deutscher hat man dort noch das Work-and-travel-Privileg. Es ist dann halt etwas anders gelaufen. Aber ich will nicht ausschliessen, dass das noch passiert. Die Welt interessiert mich nach wie vor.