«Die Chöch leischted scho öppis, läck!»

GemeinnĂŒtzige Arbeit statt Bussgeld: Monsieur Tabascos Bekannter Ferdi sammelt einschlĂ€gige Erfahrungen in der SpitalkĂŒche.
Text: Monsieur Tabasco
Veröffentlicht: 13.02.2024 | Aus: Salz & Pfeffer 1/2024

«Er versuchte, möglichst gemeinnĂŒtzig dreinzuschauen.»

Der Ferdi ist mein Lieblingskrimineller. Er hat nicht mehr alle ZĂ€hne im Mund, aber noch alle Tassen im Schrank, wobei die eine oder andere durchaus einen Flick abhat, dies aber wohl bereits seit seiner Geburt im Jahr des Herrn 1946. Überlebt hat Ferdi einen Flugzeugabsturz und eine Kampfscheidung, verloren hat er eine Firma und ein Augenlicht. Behalten konnte er das andere Augenlicht und die Kleider am Leib. Viel war das nicht, aber zusammen mit der AHV von 2274 Franken hat es doch gereicht fĂŒr jene giftgrĂŒne Kawasaki, auf der er beim Dorfausgang Weiach von der Kantonspolizei ZĂŒrich freundlich begrĂŒsst wurde.

«Bim letschte Hus sinds gschtande. Schön im Schatte. Öppe 100 Meter vor em Ortsusgang han ich doch die Endi-50-Tafele gseh und scho mal es bitzeli am Griff drÀÀit.» Die Messung ergab 21 Stundenkilometer zu viel. Innerorts. Der Bescheid ĂŒber den Ausweisentzug von einem Monat war begleitet von einer Rechnung ĂŒber 1250 Franken, davon 520 Franken Busse. Ferdi seufzte, entdeckte auf dem Bussgeldbescheid aber noch Kleingedrucktes. «WĂ€nni nöd wĂŒri zale, isch det gstande, mĂŒesi sĂ€chs TĂ€g is GfĂ€ngnis. DĂ€nn hani tĂ€nkt, ja guet, id Chischte chunnt billiger.»

Ferdi rief also das Statthalteramt Dielsdorf an, um sich fĂŒr das GefĂ€ngnis anzumelden. «Isch sehr e netti Frau am Telifon gsi. Aber si het gseit, ich im GfĂ€ngnis, das chĂ€mi de Staat z’tĂŒĂŒr, und sowieso siget d’GfĂ€ngnis au ohni mich vole. Was aber au no gĂ€ng, wĂ€r GA. Ich han tĂ€nkt, isch no nett, jetz gĂ€nds mir es Generalabo, wĂ€nn ich de Töff abgibe, aber dĂ€nn han ich glĂ€rnt, dass GA en AbchĂŒrzig isch fĂŒr gemeinnĂŒtzige Arbeit.»

Die Dame ĂŒberwies Ferdi an die Behörden seines Heimatkantons, die ihm prompt eine Liste mit Betrieben schickten, in denen ein betagter Krimineller wie er werktĂ€tig seine Reue bekunden kann. AufgefĂŒhrt war auch das Kantonsspital. «Ich han aglĂŒĂŒte, öb das gĂ€ng und so, und dĂ€nn hĂ€nds gseit, moll, das gĂ€ng, i de Chuchi heigets no öppe Söttigi.»

Ein paar Wochen spĂ€ter trabte Ferdi an. Er versuchte, möglichst gemeinnĂŒtzig dreinzuschauen. «’s Kompliziertischt isch gsi: Wie findi vom Igang id Garderobe fĂŒr d’Mitarbeiter und vo deet ĂŒber ali mögliche GĂ€ng id Chuchi. Sones Spital isch huere kompliziert baut. I de Chuchi hĂ€nds gstuunet ĂŒber dĂ€ alt ChrĂŒppel under de TĂŒre, und i ha mi vorgstellt und gseit, i seig de nöi Lehrling.»

Ferdi bekam einen Badge, einen Spind und einen Koch-Tschoppen. «Zwei Reihe Chnöpf. I han jedesmal öppe e Viertelstund gha zum Aalege. Und de WĂ€g uf d’Toilette hĂ€nds mer au drĂŒmal mĂŒese zeige.» Die Arbeit selber war ein Erlebnis. «Eimal hani PouletbrĂŒschtli aabrötlet. Vier nĂ€benand, in sĂ€chs Reihe, und wĂ€nns am Rand hell wĂ€rdet, muesch es zĂŒgig cheere, also 24 Stuck, en uhuere Stress isch das gsi, 220 PouletbrĂŒschtli, in nĂ€chschter Zyt issi kei PouletbrĂŒschtli me.»

Auf Whatsapp schickt Ferdi mir ein Selfie: Er beim Salatanrichten. «Die hĂ€nd au no fĂŒrs GfĂ€ngnis kochet. FĂŒr 48 Normali und zĂ€h Abnormali, also Vegetarier, Tomatenallergiker und so. Uf jede TĂ€ller föif Salatsorte, und bi de Farbe muesch schön abwĂ€chsle. 50 HĂ€mpfeli Salat uf 60 TĂ€ller, da bucksch dich 300 Mal ĂŒber die TĂ€ller und dĂ€nn vertropfsch no die, wo’d scho gmacht hĂ€sch, also es paar hĂ€nd usgseh wienen Uffahrunfall. Eis Mal hani 20 Kilo RĂŒebli gschnitte, mundgerechte StĂŒcke, also ehner chli, bi öis z’ZĂŒri wĂ€rets grösser gsi, mir mit öisne Schnöre.»

Streng sei es gewesen, sagt Ferdi. «Weisch, dĂ€nn bisch bald 80 und stahsch ufzmal sĂ€chs Stund am Tag inere Chuchi, bisch en arme Siech, ich han am Tag nachĂ€r chum me elei zum NĂ€scht us chöne. Die Chöch leischtet scho öppis, lĂ€ck! 2500 Tablett mit Ässe jede Tag, mĂ€ngem lauft de Schweiss abe, und StĂŒel hĂ€nds ja kei zum Abhocke. Aber, also, wie die zĂ€megschaffet hĂ€nd, du, das isch idrĂŒcklich. Jede hĂ€t ohni vil rede gwĂŒsst, was er mues, de eint macht d’Saucene, de ander ’s GmĂŒes und so. Und dĂ€nn hĂ€nds so HeizschrĂ€nk, und je nochdĂ€m spilet die e Melodie oder pfifet, und dĂ€nn weisch, etz isch das ZĂŒg det drin gar, etz muesch es usenÀÀh.»

Als Ferdi am letzten Tag die SpitalkĂŒche verliess, hat seine Frau ihn empfangen und ihm gratuliert. «24 Stund und 55 Minute han ich gschaffet. 55 Minute zvil. I ha tĂ€nkt, i bi gspannt, öbs mir Ă€cht die 55 Minute Überzit no uszahlet. GĂ€ld gits vermuetlich keis, aber vilicht schickets mer ja en Guetschii fĂŒr e chlini GeschwindigkeitsĂŒbertrĂ€tig, und wĂ€nns nume zwei oder drei Stundekilometer wÀÀret.»



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