Freiheit in Grenzen

Im Restaurant Werkhof in Bern stammen alle verarbeiteten Lebensmittel aus der Schweiz. Ohne Ausnahme, aber auch ohne Dogma. Fabienne Lüdi, Michael Früh und Rafael Hänni zeigen, wie gut das funktioniert – und schmeckt.
Text: Sarah Kohler – Fotos: Jürg Waldmeier
Veröffentlicht: 24.11.2020 | Aus: Salz & Pfeffer 7/2020
Bio-Soja, Kraut-Chi
Gleichberechtigte Partner (von links): Michael Früh, Rafael Hänni und Fabienne Lüdi

«Wir machen alle alles.»

An Konsequenz ist das, was die Inhaber des Restaurants Werkhof in Bern-Liebefeld tun, kaum zu überbieten. Getreu dem Motto «Schweiz auf dem Teller, Schweiz im Glas» verarbeiten sie nur Lebensmittel, die hierzulande gewachsen sind (inklusive Futter der Tiere, deren Fleisch auf dem Teller landet). Ausnahmen gibts keine, auch nicht beim Kaffee. Im Werkhof trinkt der Gast nach dem Menü mit mindestens drei Gängen einen Lupinenaufguss. «Dass dieser Fokus unser Konzept sein würde, war von Anfang an klar», sagt Fabienne Lüdi (34). Sie hat das Lokal gemeinsam mit Rafael Hänni (30) und Michael Früh (30) Ende Mai eröffnet.

Das Trio kennt sich gut: Lüdi und Hänni führten zuvor das Schloss Oberhofen am Thunersee, Früh war da zwischenzeitlich als Souschef tätig. Im Werkhof sind die drei Freunde nun gleichberechtigte Partner; die beiden Männer, gelernte Köche, stehen hauptsächlich am Herd, während Lüdi als Absolventin der Hotelfachschule die Rolle der Gastgeberin übernimmt. «Wir machen aber alle alles», erzählt sie. Bei knapp 30 Plätzen gehts zu dritt gar nicht anders. Zumal das neue Konzept in Bern, gelinde gesagt, gut ankommt. «Es schlug ein wie eine Bombe», sagt Hänni. Das Restaurant war im ersten Halbjahr gerade mal an zwei Abenden nicht ausgebucht – in Zeiten der Pandemie wohlgemerkt. «Das ist eine schöne Bestätigung für das, was wir tun.»

Die Kompromisslosigkeit, mit der das Werkhof-Trio sein Menü schreibt, beschert ihm besonders viele Komplimente. Dabei bleiben Lüdi, Hänni und Früh angenehm undogmatisch – und entspannt. «Wir wussten ja, worauf wir uns einlassen», sagt Früh. «Also fehlt uns in der Küche eigentlich auch nichts.» Im Gegenteil: Die Tatsache, dass nicht jede Zutat selbstverständlich vorhanden ist, beflügelt die Kreativität. «Pfeffer zum Beispiel ersetzen wir mit Röstaromen», sagt Früh. «Und für Schärfe sorgt bei uns Chili.» Grundsätzlich lässt sich das Team von dem inspirieren, was da ist, und sorgt vor, indem es Saisonales haltbar macht. «Wir stellen zudem viel selber her, zum Beispiel Essig», erzählt Früh. Und auch ohne Gelatine, Maizena oder Backpulver, die in der Schweiz nicht hergestellt werden, kommen die Köche bislang klar: «Wir suchen aber schon nach anderen Wegen, um gewisse Texturen zu erreichen», so Früh. «Und eine Panna cotta setzen wir schlicht nicht auf die Karte.»

Restaurant Werkhof
Könizstrasse 172, 3097 Liebefeld
031 921 44 44
restaurantwerkhof.ch

Berner Reh, Jus, Sauerteigknödel, Rande, Zwiebel
Ziegenkäse, Quitte, Pfirsich, Knoblauch, Dörrfrüchtebrot

Bio-Soja, Kraut-Chi

Bio-Soja
300 g Bio-Sojabohnen, über Nacht eingeweicht | 2 EL Essig oder Kombucha | Salz

Die Sojabohnen abschütten, abspülen und mit doppelt so viel Wasser mixen. Die Masse 30 Minuten sieden, durch ein Tuch passieren und auspressen. Essig oder Kombucha in ein grosses Gefäss geben und die heisse, abpassierte Sojamilch dazugiessen. Kurz umrühren und 15 Minuten stehen lassen, sodass sich das Eiweiss von der Molke trennt. Die geronnene Sojamilch nun mit Salz würzen. Die Masse auf ein Passiertuch giessen, damit die restliche Flüssigkeit ablaufen kann. Die Sojamasse mit einem schweren Gegenstand beschweren und auskühlen lassen. Aus den «Passierabfällen» werden Hummus und Sojacrumble hergestellt.

Hummus
200 g «Passierabfall» | 40 g Bio-Rahm | Salz Alle Zutaten zusammen fein vermixen oder pacossieren. Crumble 50 g «Passierabfall» | 100 g Bio-Weizen-Halbweissmehl | 20 g Bio-Butter | Salz

Alle Zutaten zusammen fein vermixen oder pacossieren.

Crumble
50 g «Passierabfall» | 100 g Bio-Weizen-Halbweissmehl | 20 g Bio-Butter | Salz

Alles vermengen und bei 160°C goldbraun backen.

«Sojasauce»
Das abgegossene Sojawasser lässt sich noch weiterverarbeiten und beispielsweise mit dem Saft von schwarzen Baumnüssen zu einer Sojasauce einkochen.

Kraut-Chi
1kg Bio-Schnittkohl | 2 Stk. Bio-Karotten | 1Stk. Bio-Knoblauchzehe | 20 g Bio-Ingwer | 17g Salz, ohne Jod und Fluor

Alle Zutaten (ausser Salz) fein schneiden und mit dem Salz vermengen. Mindestens 12 Stunden abgedeckt stehen lassen und nochmals gut kneten, damit sich genügend Saft bildet. Danach in ein Bügeleinmachglas füllen und mit einem Kohlblatt bedecken. Nun das Glas bei Raumtemperatur ruhen lassen und täglich entlüften. Nach zirka einer Woche ist der Fermentationsprozess genug fortgeschritten, um das Kraut-Chi gekühlt weiterzulagern. Vor dem Anrichten alles nochmals für zirka 15 Minuten köcheln und mit Birnel abschmecken.

Berner Reh, Jus, Sauerteigknödel, Rande, Zwiebel

Duo vom Reh


Jus

Sauerteigknödel
200 g Sauerteigbrotabschnitte, getrocknet und verbrochen | 2 dl Bio-Milch | 1 Bio-Ei | Salz | Zwiebelschalenpulver | Kräuter, getrocknet

Das Brot 2 Stunden mit der Milch einweichen, danach mit den restlichen Zutaten vermengen und abschmecken. Einen gewünschten Behälter mit Backpapier auskleiden und die Masse gleichmässig darin verteilen, alles mit einem Deckel abdecken. Für 30 Minuten bei 90°C pochieren, auskühlen lassen, schneiden und mit Butter braten.

Rande und Zwiebel vom Feuerring

Die Randen und Zwiebeln für 5 bis 8 Stunden neben respektive an die Glut des Feuerrings legen und immer wieder drehen. Die Zwiebeln schälen, mixen, abschmecken und im Ofen bis zur gewünschten Konsistenz «trocknen». Die Randen von der verbrannten Schale befreien und in Stücke brechen.

Ziegenkäse, Quitte, Pfirsich, Knoblauch, Dörrfrüchtebrot

Ziegenkäse

Den Ziegenkäse von Alpiglen, aus Rohmilch über dem offenen Feuer mit Hanftuch und Holzjärben hergestellt, in Spickel brechen.

Quittenfleisch
1 kg Bio-Quitten, entkernt | 1,5 l Wasser | Zucker | 0,5 dl Quittenessig

Die Quitten mit dem Wasser zirka 30 Minuten weich kochen. Überschüssiges Wasser abgiessen, danach die Quitten fein pürieren (nach Belieben kann die Masse noch durch ein Sieb passiert werden). Nun gleich viel Zucker wie Quitte dazufügen und die Masse bei kleiner Hitze zwischen 1½ und 2 Stunden einkochen. In den letzten Minuten Quittenessig beifügen. Die Masse sollte jetzt eine tieforange Farbe haben. Alles auf ein mit Backpapier belegtes Blech giessen und bei Raumtemperatur auskühlen lassen. Nun kann das Quittenfleisch geschnitten werden.

Fermentierter Pfirsich
500 g Bio-Pfirsich, entsteint | 5 dl Wasser, kalt | 15 g Salz, ohne Jod und Fluor

Die Pfirsiche in beliebige Stücke schneiden und in ein Bügeleinmachglas geben. Das Wasser mit dem Salz vermengen und darüber giessen, alles mit einem Fermentationsgewicht oder Backpapier beschweren respektive bedecken. Nun das Glas bei Raumtemperatur ruhen lassen und täglich entlüften. Nach etwa einer Woche ist der Fermentationsprozess genug weit fortgeschritten, um die Pfirsiche gekühlt weiterzulagern.

Schwarzer Knoblauch

Den schwarzen Knoblauch in kleine Würfel schneiden.

Dörrfrüchtebrot
250 g Bio-Roggenvollkornmehl | 250 g Bio-Weizen-Halbweissmehl | 3,5 dl Wasser, kalt | 300 g Bio-Früchte, luftgetrocknet oder gedörrt | 1 EL Salz | 1 kg Zucker | 30 g Roggensauerteig | 30 g Weizensauerteig

Die Früchte in die gewünschte Grösse schneiden und mit allen anderen Zutaten vermengen. Den Teig direkt in eine Backform geben und abgedeckt rund 24 Stunden bei zirka 16°C gehen lassen, bis der Teig langsam schöne Blasen wirft. Das Brot bei 175°C zwischen 15 und 30 Minuten (je nach Backform) backen. Auskühlen lassen und in Stücke schneiden.



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